Intrinsische Strahlenempfindlichkeit: Identifikation biologischer und epidemiologischer Langzeitfolgen (ISIBELA); Teilprojekt C mit der Fall-Kontrollstudie „Krebserkrankungen im Kindesalter und molekulare Epidemiologie (KiKme)“

Beschreibung

Strahlen- und Chemotherapien von Primärneoplasien (PN) sind die einzig etablierten Risikofaktoren für Folgeneoplasien (SN) nach Krebserkrankungen im Kindesalter. Darüber hinaus weisen einige Beobachtungsstudien auf eine Assoziation zwischen ionisierender Strahlung und Krebsrisiko hin, vor allem wenn die Strahlenexposition im Kindesalter stattgefunden hat. Da jedoch nur ein Teil der behandelten Kinder an einer Folgeneoplasie erkrankt, müssen weitere exogene Umweltfaktoren und multiple endogene niedrig-penetrante genetische Faktoren hinzukommen. Zur Untersuchung der intrinsischen Strahlenempfindlichkeit führen wir die KiKme (Krebserkrankungen im Kindesalter und molekularer Epidemiologie) Fall-Kontroll-Studie mit insgesamt 600 Probanden durch (Studienleitung: Manuela Marron). Ziel dieser Studie ist die Identifizierung eines möglichen Zusammenhanges zwischen Gen-Strahlen-Interaktionen und dem Risiko von Folgeneoplasien (Leukämie, Schilddrüsenkarzinom oder Hauttumore) und Primärneoplasien (Leukämie, Lymphome oder Tumore des Zentralen Nervensystems) mit einem neu entwickelten epidemiologischen Studiendesign, bei dem Elemente aus Beobachtungs- und Experimentalstudien vereint werden, indem Genexpression zeitgleich mit und ohne Bestrahlung in lebenden menschlichen Fibroblastenzellinien aus Hautbiopsien analysiert werden.

Das Arbeitspaket 2 des ISIBELA Verbundes (http://www.unimedizin-mainz.de/isibela/startseite/willkommen.html) in Bremen (Teilprojekt C) beinhaltet insbesondere das Design und die wissenschaftliche Leitung der KiKme-Studie als auch der genomweiten Analysen von Gen-Strahlen-Interaktionen. Die enge Zusammenarbeit von vier Partnern des ISIBELA Verbundes aus unterschiedlichen Fachbereichen in Deutschland ermöglicht die Durchführung von verschiedenen biologischen und epidemiologischen Strahlenforschungsprojekten zum Risiko von Kinderkrebserkrankungen sowie zu Langzeitfolgen von Krebstherapien. Der Forschungsverbund ISIBELA wird im Zuge des Konzeptes „Grundlagenforschung Energie 2020+“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Die Forschungsziele des Arbeitspaketes 2 umfassen im Detail (1) die Planung und Durchführung der KIKME Studie, (2) die wissenschaftliche Leitung und Koordination der genomweiten Identifizierung von Genen und Gen-Strahlen-Interaktionen auf DNA und RNA Ebene, (3) die weitere Auswertung der erhobenen KIKME Studiendaten (z.B. Erkrankungen in der Familie) und (4) als Vertrauensstelle in einer essentiellen Schlüsselposition die Verantwortung für die Mehrfachpseudonymisierung der Proben und Untersuchungsergebnisse für alle Verbundpartner.

In einem ersten Schritt wird aktuell die Teilnahmequote der ehemaligen Kinderkrebspatienten mit und ohne Folgeneoplasie und der krebsfreien Kontrollen (CO) aus dem Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie Mainz evaluiert. Neben der Entnahme einer 3 mm kleinen Hautprobe und einer Speichelprobe, werden detaillierte Informationen über die lebenslange medizinische Strahlenexpositionen und Chemotherapien, soziodemografische Faktoren, das Rauch-, Trink- und Sportverhalten, eigene Medikamente und Erkrankungen sowie Krebserkrankungen und andere schwerwiegende und chronische Erkrankungen in der Familie erhoben. Fälle und Kontrollen werden individuell nach Alter und Geschlecht gematcht (1:1), sowie bei den ehemaligen Krebspatienten zusätzlich nach der Art und dem Diagnosejahr der ersten Krebserkrankung (1 SN:3 PN). In explorativen Vorversuchen wurden Genexpressionen in Fibroblastenzelllinien durch RNA-Seq nach Niedrigdosis (0,05 Gy, 0,10 Gy) und nach Hochdosis (2 Gy) Bestrahlung zu verschiedenen Messzeitpunkten (0,25 h, 2 h, 24 h) betrachtet. Nach bisherigem Kenntnisstand ist die KiKme-Studie die erste epidemiologische Studie, die differentielle Genexpressionen in primären Fibroblastenzelllinien vor und nach Bestrahlung mit hohen und niedrigen Dosen analysiert, um potentielle genetische Prädispositionen für die Entstehung einer Folgeneoplasie und einer Primärneoplasie zu identifizieren. Allerdings muss die biologische Bedeutung der differentiellen Genexpression nach hohen und niedrigen Strahlendosen aus den Vorversuchen in der gesamten Studienpopulation bestätigt werden. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Genexpression im Detail nach Probandengruppen (SN, PN, CO) betrachtet und mit den Ergebnissen der Whole Genome Sequenzierung kombiniert, um einen umfassenden Überblick über den Einfluss von Strahlung auf die Krebsentstehung im Kindesalter zu erhalten.

Förderzeitraum

Beginn:   September 2015
Ende:   August 2021

Förderer

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Kontaktperson

Dr. phil. Manuela Marron

Ausgewählte Veröffentlichungen zum Projekt

    Vorträge bei wissenschaftlichen Tagungen

  • Marron M, Blettner M, Binder H, Hoffmann I, Kaatsch P, Disque-Kaiser U, Zahnreich S, Schmidberger H, Proschek D, Deckbar D, Naumann S, Weimer RN, Löbrich M, Galetzka D, Spix C. Cancer in childhood and molecular epidemiology - The CICME nested case-control study. 10. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), 30. September-2. Oktober 2015, Potsdam.