Anwendung von Opioid-haltigen Arzneimitteln in Deutschland

Beschreibung

Opioide gehören zu den wirksamsten Arzneimitteln bei mittleren bis starken Schmerzen. Unter Berücksichtigung des WHO-Stufenschemas ist ihr Einsatz bei tumorbedingten Schmerzen, bei akuten Schmerzen sowie in der palliativmedizinischen Versorgung international akzeptiert. Bei chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen hingegen wird der Einsatz von Opioiden — aufgrund der bis heute begrenzten Evidenz für ihren mittel- und langfristigen Nutzen — kontrovers gesehen. Der seit den 1990er Jahren stark ansteigende Verbrauch von Opioiden in den USA wird v. a. auf Lockerungen der gesetzlichen Vorgaben zur Verschreibung dieser Arzneimittel für die Behandlung von derartigen chronischen nichttumorbedingten Schmerzen zurückgeführt. Die Tatsache, dass in den USA der Anstieg der Opioid-Verordnungen mit einem Anstieg von opioidassoziierten Todesfällen einhergeht, wird als Opioid-Krise bzw. Opioid-Epidemie beschrieben, welche im Oktober 2017 zum nationalen Notstand in den USA erklärt wurde.

In Europa insgesamt gibt es bislang keine Hinweise auf eine Opioid-Epidemie; es wurde jedoch aus manchen Ländern wie beispielsweise Frankreich, Finnland und den Niederlanden berichtet, dass die Opioid-Verordnungen und einige Indikatoren für opioidbedingte Risiken (z. B. opioidassoziierte Not- und Todesfälle) zeitgleich angestiegen sind. In den meisten europäischen Ländern stieg der Pro-Kopf-Verbrauch von stark wirksamen Opioiden (Fentanyl, Hydromorphon, Morphin, Oxycodon, Pethidine) seit den 1990er Jahren an; in den Jahren 2014–2016 wies Deutschland sogar den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch von stark wirksamen Opioiden in Europa und einen höheren im Vergleich zu den USA auf.

Trotz des hohen Pro-Kopf-Verbrauchs von Opioiden in Deutschland kommen einige Studien zu dem Schluss, dass es hierzulande keine Hinweise auf eine Opioid-Epidemie gibt. Es gibt andererseits auch Hinweise für Kritik an der Schlussfolgerung, dass es keine Opioid-Epidemie in Deutschland gäbe. Alle bisherigen Studien basieren auf Daten bis maximal 2016. Aktuellere Daten zur Anwendung von Opioid-haltigen Arzneimitteln sowie umfassende Auswertungen zu einem möglichen Opioidmissbrauch in Deutschland fehlen bislang.

Daher war das Ziel dieses Projekts eine umfassende Charakterisierung des Verschreibungsverhaltens bezüglich Opioid-haltiger Arzneimittel in Deutschland einschließlich der Untersuchung zeitlicher Trends basierend auf Daten gesetzlicher Krankenversicherungen.

Das Projekt wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Rahmen einer Ausschreibung zur Pharmakovigilanzforschung finanziert. Aktuell wird der Abschlussbericht erstellt. Die Ergebnisse des Projekts sollen im Laufe des Jahres 2024 publiziert werden.

Förderzeitraum

Beginn:   Januar 2022
Ende:   Juni 2023

Förderer

  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

Kontaktperson

Dr. rer. nat. Oliver Scholle

Ausgewählte Veröffentlichungen zum Projekt

    Vorträge bei wissenschaftlichen Tagungen

  • Scholle O, Jobski K, Viebrock J, Haug U. Prescribing of opioid analgesics in Germany: Opposite trends when different quantification measures are used. 39th International Conference on Pharmacoepidemiology & Therapeutic Risk Management (ICPE), 23-27 August 2023, Halifax, Canada. (Abstract published in: Pharmacoepidemiology and Drug Safety. 2023;32(S1):102)