Arzneimittelrisikoforschung: BIPS begrüßt Entscheidung des Bundesrates

Bundesrat billigt Gesetzesänderung, die den Erhalt einer soliden Datengrundlage für die Arzneimittelrisikoforschung am Standort Bremen dauerhaft sicherstellt.

Anfang der 1960er Jahre erschütterte der Contergan-Skandal die Weltöffentlichkeit. Um derartige Katastrophen in der Zukunft zu vermeiden, wurden die Prüfverfahren für Arzneimittel vor der Marktzulassung erheblich verschärft. Ein heute in der Apotheke erhältliches Medikament ist sehr sicher. Und dennoch: Viele seltene Nebenwirkungen eines Arzneimittels lassen sich – auch heute – erst nach der Zulassung bei der großflächigen Anwendung in der breiten Bevölkerung erkennen. Das BIPS untersucht deshalb die Sicherheit von Arzneimitteln nach der Marktzulassung. Dafür nutzt das Institut Abrechnungsdaten von Sozialleistungsträgern wie Krankenkassen, die es unter strengster Einhaltung des Datenschutzes auswertet. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Bundesrat nun eine zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetzesänderung gebilligt, welche den Erhalt einer soliden Datengrundlage für die Arzneimittelrisikoforschung am Standort Bremen dauerhaft sicherstellt. Die Übermittlung von sogenannten Sozialdaten regelt der Paragraph 75 Sozialgesetzbuch Zehn (§ 75 SGB X). Dieser ließ bislang zwar eine Übermittlung für ein bestimmtes Forschungsvorhaben zu, jedoch mussten diese Daten nach Abschluss des Vorhabens wieder gelöscht werden.  Mit dieser engen Zweckbindung und zeitlichen Befristung war es in Deutschland somit nicht möglich, Gesundheitsdatenbanken aufzubauen, um zum Beispiel die langfristige Sicherheit von Arzneimitteln zu untersuchen oder dringende Fragen zu noch unbekannten Arzneimittelrisiken und neuen Arzneimitteln zu klären. Deutschland hinkte damit vielen europäischen Ländern und den USA hinterher, in denen elektronische Gesundheitsdatenbanken zur systematischen Überwachung der Arzneimittelsicherheit längst etabliert sind. Das BIPS hat eine Forschungsdatenbank (German Pharmacoepidemiological Research Database – kurz GePaRD) aufgebaut, die Abrechnungsdaten aus vier gesetzlichen Krankenkassen enthält und von herausragender Bedeutung für die Untersuchung von Arzneimittelrisiken in Deutschland ist. Der Schutz der personenbezogenen Daten hat dabei oberste Priorität und wird durch eine unabhängige Vertrauensstelle gewährleistet. Die Nutzung dieser Datenbank zu Forschungszwecken war jedoch aufgrund der oben beschriebenen Umstände sowohl thematisch begrenzt als auch zeitlich befristet. Ohne eine entsprechende Gesetzesänderung drohte somit mittelfristig der Verlust einer für die Arzneimittelsicherheit in Deutschland außerordentlich wichtigen Forschungsgrundlage. Die nun beschlossene Novellierung des § 75 SGB X schafft neue Forschungsperspektiven für Datenbanken wie GePaRD und stellt ihre Nutzbarkeit dauerhaft sicher. „Wir begrüßen die Änderung des Gesetzes zur Nutzung von Sozialdaten für die Forschung“, sagt BIPS-Direktorin Prof. Dr. Iris Pigeot. „Damit können wir -  unter strikter Wahrung des Datenschutzes - am Standort Bremen langfristig eine Datengrundlage schaffen, die es ermöglicht, die Sicherheit von Arzneimitteln unter Alltagsbedingungen zu erforschen und somit die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.“

 

Weitere Informationen zur pharmakoepidemiologischen Forschungsdatenbank GePaRD finden Sie hier.

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Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS

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Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des MenschenDie Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Ursachen für Gesundheitsstörungen zu erkennen und neue Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie klärt die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken auf und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei.Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 91 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.700 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,8 Milliarden Euro.