Prävention und Gesundheit: Tagung des Wissenschaftsrats diskutiert Start einer neuen Initiative

Deutschland braucht dringlich eine Initiative für Prävention und Gesundheit, das ist das Fazit der Tagung Prävention neu denken! des Wissenschaftsrats, die Ende Mai in Berlin stattfand. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Politik, darunter Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, waren sich einig, dass Prävention ein Schlüssel ist, um unsere Gesellschaft leistungsfähig zu halten und die Versorgung zu sichern. Auch das BIPS war mit Prof. Dr. Iris Pigeot und Prof. Dr. Hajo Zeeb stark vertreten.

Fünf Personen auf einer Bühne.

Moderierte die Veranstaltung zu Datennutzung, KI und Digitalisierung in der Prävention: BIPS-Direktorin Pigeot (3. von rechts). (c) „Wissenschaftsrat / David Ausserhofer“

„Prävention darf kein Privileg von einkommensstarken oder gut gebildeten Menschen sein, die sich ohnehin oft gut um ihre Gesundheit kümmern. Sie muss im Alltag aller Menschen ankommen“ sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Anstatt Krankheiten erst ernst zu nehmen, wenn sie manifest sind, sollten wir viel mehr daransetzen, diese zu verhindern. Hunderttausende Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes- und Krebserkrankungen wären vermeidbar, würden wir früher ansetzen. Wir brauchen daher eine Trendwende bei Gesundheitsförderung und Gesundheitskompetenz. Die Nationale Präventions-Initiative setzt dafür wichtige Impulse“, so Lauterbach.

Die Teilnehmenden der Tagung diskutierten Perspektiven einer Initiative für Prävention. Der Tenor: Es fehlt in der Prävention nicht an Einzelerkenntnissen, viel mehr mangelt es an ihrer Umsetzung und der Vernetzung der Akteure. Notwendig ist nicht nur mehr Geld, sondern auch eine andere Verteilung der vorhandenen Mittel im Gesundheitssystem. Voraussetzungen für eine wirksamere Prävention sind:

Bessere Datengrundlage
Daten, auch von Gesunden, müssen mehr und besser erhoben, vernetzt und genutzt werden, um bessere Analysen und Prognosen zu ermöglichen und individualisierte Gesundheitsvorsorge zu unterstützen.

Vernetzung aller Akteure
Die bestehenden Strukturen für Prävention sollten besser vernetzt werden. Dies gilt für die Verbindung zwischen wissenschaftlichen Disziplinen, politischen Ressorts, Wirtschaft und gesellschaftlichen Akteuren. Prävention ist eine Querschnittsaufgabe.

Verbindliche politische Ziele
Messbare Ziele innerhalb einer nationalen Strategie sind notwendig, um politische Verbindlichkeit herzustellen und Erfolge überprüfen zu können. Deutschland könnte sich an Beispielen aus dem Ausland orientieren, etwa an den Niederlanden.

Wirksame Anreize setzen
Gesundheitsbewusstes Verhalten braucht mehr als nur Wissen und gute Vorsätze. Ökonomische Anreize sind nötig, etwa durch Subvention gesunder Lebensmittel. Gesundheit und gesundes Verhalten dürfen weniger als bislang eine Frage des Geldbeutels und des sozialen Status sein.

Höherer Stellenwert für Prävention in der Medizin
Bestehende Vergütungsstrukturen sind auf das Heilen von Krankheiten ausgerichtet, nicht auf den Erhalt der Gesundheit. Medizin, Krankenkassen und Politik müssen umsteuern, um Prävention attraktiver zu machen, ohne Prävention vor allem als neue Quelle für Ressourcen zu sehen oder bestehende Aktivitäten im Public Health Sektor zu marginalisieren. Für diesen Aspekt sind übergreifende, multiprofessionelle, wissenschaftlich ausgerichtete Strukturen sinnvoll, die Evidenzgewinnung fördern und systemische Probleme der unzureichenden Integration der Prävention zu überwinden helfen.

Zielgruppengerechte Kommunikation
Gesundheit und Prävention müssen zielgruppenorientiert mit breiter gesellschaftlicher Partizipation diskutiert werden, je nach Altersgruppe und soziokulturellem Milieu. Dies muss ein zentraler Teil der Initiative sein.

Modellvorhaben
Aufgrund der komplexen Wechselwirkungen sind in verschiedenen Regionen durchgeführte, wissenschaftlich begleitete und an übergeordneten Zielen orientierte Modellvorhaben erforderlich.

An der Tagung nahmen rund 200 Gäste aus Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Medien teil. Die Veranstaltung wurde finanziell unterstützt vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der Stiftung Deutsche Krebshilfe sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft.