PATREC

Einheitliche Strategie für die Erhebung von Daten zur körperlichen Aktivität aus deutschen Kohortenstudien

Ziel

Körperliche und sportliche Aktivität sind wichtig für die Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Kinder und Jugendliche täglich mindestens 60 Minuten moderate bis intensive Bewegung. Jedoch ist die wissenschaftliche Basis dieser Empfehlungen unzureichend. In der Vergangenheit haben Wissenschaftler das Bewegungsverhalten mit unterschiedlichen Methoden ermittelt, deren Vergleichbarkeit fraglich ist. Um fundierte Empfehlungen für ein gesundheitsförderndes Bewegungsverhalten herzuleiten, muss die Qualität und Vergleichbarkeit der Methoden zur Messung körperlicher Aktivität verbessert werden. Dieser Aufgabe widmen sich die Wissenschaftler des BIPS und des bundesweiten Kompetenznetz Adipositas. Dazu wurde im Rahmen der sogenannten Core Domain „Körperliche Aktivität“ die PATREC Studie durchgeführt.

Wer hat mitgemacht und was wurde gemessen?

In der PATREC Studie wurde das Bewegungsverhalten von 242 Kindern (6- bis 10-Jährige)  und 179 Jugendlichen (11- bis 17-Jährige) aus Bremer Schulen über ein Schuljahr (2012/13) mit unterschiedlichen Methoden gemessen. Sowohl in der kalten (Herbst/Winter) als auch in der warmen Jahreszeit (Frühling/Sommer) trugen die Schüler jeweils über eine Woche ein Bewegungsmessgerät (Accelerometer) und füllten dazu ein Bewegungstagebuch aus. Das Accelerometer erfasst verschiedene Intensitäten des Bewegungsverhaltens. Neben liegenden und sitzenden Tätigkeiten (SIT) kann man auch zwischen leichter (LEIKA), moderater und intensiver körperlicher Aktivität (MIKA) unterscheiden. Bei liegenden, sitzenden und leichten körperlichen Aktivitäten verändern sich Atmung und Herzschlag so geringfügig, dass eine Anstrengung nicht bemerkbar ist. Zu moderaten Aktivitäten zählen Tätigkeiten wie schnelles Gehen oder Radfahren, bei denen sich Herzschlag und Atmung so steigern, dass eine Unterhaltung trotz körperlicher Anstrengung noch gut möglich ist. Wenn dagegen eine Unterhaltung kaum noch möglich ist, wie zum Beispiel beim Joggen oder Fußballspielen, spricht man von intensiver körperlicher Aktivität. 

Parallel zum Tragen des Bewegungsmessgerätes schätzten die Schüler ihr Bewegungsverhalten in Fragebögen selbst ein. Grundschüler füllten den Fragebogen gemeinsam mit ihren Eltern/Bezugspersonen aus. Zusätzlich wurden im Sportunterricht Fitnesstests durchgeführt, um Muskelkraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination der Schüler zu messen.

Im Folgenden werden Ergebnisse zum täglich durchschnittlichen Bewegungsverhalten, dem Medienkonsum und der körperlichen Fitness von Grundschülern (Kindern) und Oberschülern (Jugendlichen) vorgestellt.

Ergebnisse der Grundschüler (6 bis 10 Jahre)

Bewegung im Alltag

Die Grundschüler trugen das Bewegungsmessgerät durchschnittlich 11 Stunden und 17 Minuten pro Tag. Abbildung 1 veranschaulicht, wie lange sie sich in den jeweiligen Intensitäten sowohl in der kalten als auch in der warmen Jahreszeit bewegen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Grundschüler täglich über 60 Minuten moderat bis intensiv körperlich aktiv waren. Damit erreichte der Durchschnitt der Grundschüler in beiden Jahreszeiten die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Aus vergangenen Studien ist bekannt, dass Kinder ihre körperliche Aktivität in Fragebögen häufig über- oder unterschätzen. Die Grundschulkinder aus der PATREC Studie überschätzten ihre durchschnittliche moderate bis intensive körperliche Aktivität um etwa 40 Minuten pro Tag. Zudem zeigen die Fragebogenangaben jahreszeitliche Unterschiede im Bewegungsverhalten.  Abbildung 2 zeigt, dass im Vergleich zur kalten Jahreszeit die Kinder in der warmen Jahreszeit ihre leichten, moderaten sowie intensiven körperlichen Aktivitäten höher und ihre liegenden und sitzenden Tätigkeiten geringer einschätzten.

Vereinssport

Das Bewegungsmessgerät hat die körperliche Aktivität auch während des Vereinssports aufgezeichnet. Abbildung 3 zeigt, wie lange und intensiv sich die Kinder während des wöchentlichen Trainings in den unterschiedlichen Jahreszeiten bewegten. Die 128 Grundschüler, die im Fragebogen angegeben haben im Sportverein aktiv zu sein, trainierten durchschnittlich 2 Stunden und 29 Minuten pro Woche im Verein. Im Vergleich zur kalten Jahreszeit, verbrachten die Kinder in der warmen Jahreszeit über 30 Minuten mehr im Sportverein und trainierten etwa 10 Minuten länger in moderater bis intensiver körperlicher Aktivität. 

Medienkonsum

Im Fragebogen haben die Kinder selbst eingeschätzt, wie viele Minuten (min) sie täglich mit unterschiedlichen Medien und Hausaufgaben verbringen. Tabelle 1 zeigt, dass Grundschüler einen deutlich geringeren Medienkonsum hatten als Oberschüler. Nach eigenen Angaben verbrachten die 6- bis 10-jährigen Kinder weniger als eine Stunde täglich vor dem Fernseher. Im Herbst/Winter erhöhte sich der tägliche Fernsehkonsum um durchschnittlich 13 Minuten.

Die Nutzung von PC und Internet war in dieser Altersgruppe kaum zu beobachten.

Körperliche Fitness

Die unterschiedlichen Komponenten der körperlichen Leistungsfähigkeit (z.B. Ausdauer oder Muskelkraft) wurden im Sportunterricht mit verschiedenen Fitnesstests gemessen. 

Tabelle 2 zeigt einen Überblick der eingesetzten Fitnesstests. Während in der ersten Spalte der Fitnesstest benannt ist, wird in der zweiten Spalte die Fitnesskomponente beschrieben, welche der jeweilige Test misst. Die Ergebnisse zeigen, dass Jungen in den Kraft- und Ausdauertests bessere Ergebnisse erzielten als Mädchen. Demgegenüber haben Mädchen in den Beweglichkeits- und Koordinationstests besser abgeschnitten. 

Ergebnisse der Grundschüler (11 bis 17 Jahre)

Bewegung im Alltag

Die Jugendlichen trugen das Bewegungsmessgerät durchschnittlich 11 Stunden pro Tag. Abbildung 1 veranschaulicht, wie lange sie sich in den jeweiligen Intensitäten sowohl in der kalten als auch in der warmen Jahreszeit bewegten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Oberschüler täglich rund 50 Minuten moderat bis intensiv aktiv waren. Damit liegen sie knapp unter den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In den Herbst- und Wintermonaten bewegten sich die Jugendlichen 14 Minuten mehr in leichter, moderater und intensiver körperlicher Aktivität als in den Frühlings- und Sommermonaten.

Aus vergangenen Studien ist bekannt, dass Kinder und Jugendliche ihr Bewegungsverhalten in Fragebögen, im Vergleich zu objektiv gemessener körperlicher Aktivität (Accelerometer, Schrittzähler), häufig über- oder unterschätzen. Die Oberschüler der PATREC Studie überschätzten bei den Fragebogenangaben ihre gesamte körperliche Aktivität um 4 Stunden und ihre moderate bis intensive körperliche Aktivität (MIKA) um etwa 1 Stunde pro Tag. Im Gegensatz zu den Accelerometerdaten zeigen die Fragebogenangaben keine eindeutigen jahreszeitlichen Unterschiede.

Vereinssport

Das Bewegungsmessgerät hat die körperliche Aktivität auch während des Vereinssports aufgezeichnet. Abbildung 3 zeigt, wie lange und intensiv sich die Jugendlichen der PATREC Studie während des wöchentlichen Trainings im Sportverein in den unterschiedlichen Jahreszeiten bewegten. 80 Jugendliche gaben im Fragebogen an, im Sportverein aktiv zu sein. Sie trainierten wöchentlich 4 Stunden und 20 Minuten. Die körperlich aktive Zeit im Verein wurde durch die unterschiedlichen Jahreszeiten nicht beeinflusst.

Medienkonsum

Im Fragebogen haben die Jugendlichen selbst eingeschätzt, wie viel Zeit sie täglich mit unterschiedlichen Medien und Hausaufgaben verbrachten. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfiehlt im Kindes- und Jugendalter maximal 1 Stunde Fernsehen pro Tag. Tabelle 1 zeigt, dass die Jugendlichen der PATREC Studie mit 2 Stunden TV-Konsum etwa 1 Stunde über den Empfehlungen lagen. In der kalten und warmen Jahreszeit zeigen die Ergebnisse keine eindeutigen Unterschiede in den Medienzeiten.

Körperliche Fitness

Die unterschiedlichen Komponenten der körperlichen Leistungsfähigkeit (z.B. Ausdauer oder Muskelkraft) wurden im Sportunterricht mit verschiedenen Fitnesstest gemessen.
Tabelle 2 zeigt einen Überblick der eingesetzten Fitnesstests bei den 11 bis 17-jährigen Jungen und Mädchen. Während in der ersten Spalte der Fitnesstest benannt ist, wird in der zweiten Spalte die Fitnesskomponente beschrieben, welche der jeweilige Test misst. Die Ergebnisse zeigen, dass Jungen in den Kraft- und Ausdauertests bessere Ergebnisse erzielten als Mädchen. Demgegenüber haben Mädchen in den Beweglichkeits- und Koordinationstests besser abgeschnitten.

Förderer

Förderkennzeichen:
01GI1129

Förderzeitraum:
Beginn:   Juni 2012
Ende:   Mai 2015

Projektleitung

Prof. Dr. Wolfgang Ahrens

Kontakt

Dr. Antje Hebestreit
Tel.: +49 (0)421 218-56849
hebestreit(at)leibniz-bips.de

Videos

Test mit Bewegungssensor
vom 17. Okt., 2012

Bewegungsstudie
vom 28. Nov., 2013

Weitere Infos


Newsbeitrag
vom 29. Nov., 2013

Pressemitteilung
vom 28. Nov., 2013