Aktueller Stand und Pläne

Im Folgenden beschreiben wir den aktuellen Stand und Pläne hinsichtlich Präventionsmaßnahmen in der „Modellregion Bremen“. Die Auftaktveranstaltung fand im Juli 2022 statt. Aktuell stehen die Bestandsaufnahme (s. Datenerhebung und Evaluation) sowie die Pilotierung von ersten Interventionen im Vordergrund. Parallel dazu werden kontinuierlich weitere Interventionen konzipiert und entsprechende Drittmittelanträge gestellt, d. h. es handelt sich um einen dynamischen Prozess. Auch das Einbringen von Vorschlägen zur Erprobung von Präventionsmaßnahmen in der „Modellregion Bremen“ ist jederzeit möglich.

Im Folgenden sind Beispiele für Interventionen bzw. Pilotierungen im Bereich der Primär- und Sekundärprävention kurz beschrieben.

Primärprävention (Beispiele)

  • Körperliche Aktivität in der Grundschule: An verschiedenen Bremer Grundschulen wurde eine Intervention zur Bewegungsförderung über das Setting Schule pilotiert, die auf dem „Health Promoting Schools“-Framework der WHO basiert (Projekt ACTIPROS). Nach erfolgreichem Abschluss der Pilotstudie, die durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert wurde, geht es aktuell um die Frage des Ausrollens der Maßnahme und die hierfür notwendigen Voraussetzungen.
  • Ernährung in Schulen: In Zusammenarbeit mit mehreren Ressorts der Bremer Politik wird derzeit die Umstellung der Schulverpflegung auf die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. evaluiert. Außerdem wird die Akzeptanz dieser Umstellung bei den Schülerinnen und Schülern untersucht (Projekt GENAU).
  • Körperliche Aktivität und Ernährung im familiären Kontext: Unter dem Namen „Healthy Dads, Healthy Kids“ wurde in Australien ein Programm entwickelt, das sich an übergewichtige Väter und ihre Kinder richtet. Die 9-wöchige Intervention zeigte dort merkliche Effekte auf die Gewichtsentwicklung und auf das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der teilnehmenden Väter und Kinder. Im Rahmen eines durch das BMG geförderten Projekts wird das Programm derzeit in der „Modellregion Bremen“ an Deutschland angepasst (Projekt Healthy Dads, Healthy Kids). Dabei findet auch ein Wirksamkeitsnachweis und eine umfassende Prozessevaluation statt, um die programmgetreue Umsetzung, Akzeptanz sowie Aspekte der nachhaltigen Implementierung beurteilen zu können.
  • Rauchen während und nach der Schwangerschaft: In der Lebenslaufperspektive stellen Schwangerschaft und Geburt eines Kindes günstige Gelegenheiten für die Rauchentwöhnung dar. Im Rahmen eines von der Dt. Krebshilfe geförderten Projekts wird aufbauend auf dem Hausbesuchsprogramm Pro Kind, das sich an erstgebärende schwangere Frauen und ihre Familien in schwierigen Lebenslagen richtet, eine Intervention zur Rauchprävention entwickelt und die Umsetzbarkeit dieser Intervention in der „Modellregion Bremen“ erprobt.
  • Inanspruchnahme HPV-Impfung: Im Austausch mit Politik und Krankenkassen sowie in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut werden derzeit Interventionen konzipiert, die politische Maßnahmen zur Steigerung der HPV-Impfquote zielgerichtet ergänzen.
  • Präventionsempfehlungen via App: Um die Reichweite der Empfehlungen zur Krebsprävention des Europäischen Kodex zur Krebsbekämpfung (ECAC) zu erhöhen, wurde in einem internationalen Verbund die „EU Mobile App for Cancer Prevention“ entwickelt. Im Rahmen des BUMPER-Projekts leitet das BIPS Pilotstudien zur Nutzung der App in verschiedenen Ländern der EU. Daran anknüpfend wird aktuell die Anwendbarkeit der App für Interventionen in der „Modellregion Bremen“ eruiert.

Sekundärprävention (Beispiele)

  • Qualität der Darmspiegelung: Die Darmspiegelung (Koloskopie) ist ein sehr wirksames Instrument zur Vermeidung und Früherkennung von Darmkrebs. Studien des BIPS zeigten jedoch, dass die Qualität der Untersuchung von Arzt zu Arzt stark variiert und sich dies erheblich auf den präventiven Effekt der Darmspiegelung auswirkt. Im Kontext des Leibniz-WissenschaftsCampus „Digital Public Health“ adaptieren wir derzeit eine Online-Schulung zur Qualitätssteigerung bei koloskopierenden Ärzten an die Situation in Deutschland. Die Schulung, die in den USA entwickelt wurde und sich dort als sehr wirksam erwiesen hat, werden wir in der „Modellregion Bremen“ pilotieren.
  • Risikoadaptierte Krebsfrüherkennung: Die zunehmende Verfügbarkeit von Analyseverfahren zur Abschätzung des individuellen Krebsrisikos, wie z. B. genetische Risikomarker (polygenic risk scores), eröffnet mögliche neue Wege für eine risikoadaptierte Krebsfrüherkennung. Was die praktische Umsetzung betrifft, sind allerdings noch viele Fragen offen. Ein wichtiger Aspekt beispielsweise ist, auf welche Akzeptanz die Anwendung genetischer Marker zur Abschätzung des Krebsrisikos in der Bevölkerung stoßen würde. Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projekts NACOP wird u. a. dieser Frage in der „Modellregion Bremen“ nachgegangen.

Spezielle Risikogruppen

Verwandte von Krebspatientinnen und -patienten: Bei vielen Krebserkrankungen haben nahe Verwandte ein erhöhtes Risiko, selbst an Krebs zu erkranken. Dies kann zum Teil auf genetische Ähnlichkeiten, zum Teil aber auch auf ähnliche Lebensgewohnheiten zurückzuführen sein. Verwandte von Krebspatientinnen und -patienten zeigen oft eine erhöhte Bereitschaft, ihr Verhalten zu ändern oder Früherkennungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Im Kontext der Joint Action (EU4Health Programme) PreventNCD wird in der „Modellregion Bremen“ derzeit eine Intervention entwickelt, um Verwandte von Krebspatientinnen und -patienten zu erreichen und sie bestmöglich präventiv zu beraten.