Herangehensweise

In diesem Abschnitt erläutern wir, welche Risikofaktoren und Früherkennungsmaßnahmen im Fokus stehen und von welchen Grundgedanken die Entwicklung von Interventionen und Maßnahmen in der „Modellregion Bremen“ geleitet wird. Konkrete Beispiele für Interventionen und Maßnahmen finden sich unter Aktueller Stand und weitere Pläne.

Risikofaktoren und Früherkennungsmaßnahmen

Bei der Primärprävention geht es darum, die Krankheit von Vornherein zu vermeiden, indem man bei veränderbaren Risikofaktoren ansetzt. In der „Modellregion Bremen“ stehen dabei Rauchen, Alkoholkonsum, körperliche Inaktivität, Übergewicht und ungesunde Ernährung im Fokus, die maßgeblich zur Entstehung von Krebs und anderen chronischen Krankheiten beitragen. Bestenfalls gelingt es, bereits das Entstehen ungesunder Verhaltensweisen zu verhindern, da das spätere Ändern von Gewohnheiten meist herausfordernd ist (s. u.: Lebenslaufperspektive). Ein weiteres wichtiges Thema ist die HPV-Impfung, die effektiv vor Gebärmutterhalskrebs und weiteren HPV-assoziierten Erkrankungen (z. B. Analkrebs, Feigwarzen) schützt. Trotz der STIKO-Empfehlung für Mädchen und Jungen bleibt die Impfquote bislang niedrig.

In der Sekundärprävention, d. h. der Früherkennung von Krebserkrankungen (Screening),liegt der Schwerpunkt zunächst auf den bestehenden Früherkennungsprogrammen für Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs. Zwar ist deren Wirksamkeit grundsätzlich nachgewiesen, doch es bedarf einer adäquaten Umsetzung im jeweiligen Gesundheitssystem. Dahingehend gibt es in Deutschland teilweise noch Verbesserungspotenzial, vor allem was die dezentral organisierten Programme wie das Darmkrebs-Screening betrifft. Zudem sollen in der Modellregion Fragen zur risikoadaptierten (also an das individuelle Risiko angepasste) Früherkennung und deren Akzeptanz erforscht werden.

Lebenslaufperspektive

Auch wenn der Großteil der Krebserkrankungen erst in der zweiten Lebenshälfte auftritt, sind für deren Entstehung schon frühere Lebensphasen relevant. Dies gilt besonders für ungesunde Verhaltensweisen, die oft schon im Kindes- und Jugendalter geprägt werden. Um nachhaltige und wirksame Präventionskonzepte zu entwickeln, ist es deshalb unerlässlich, auch die frühen Lebensphasen einzubeziehen. Im Idealfall werden ungesunde Verhaltensweisen von Vornherein verhindert. Jedoch wird das nicht immer gelingen, d. h. im Erwachsenenalter haben sich dann oft ungesunde Verhaltensweisen ausgeprägt. Gleichzeitig sind Erwachsene für das Thema Prävention tendenziell schwer zu erreichen, weil Zeit- und Leistungsdruck den Alltag bestimmen. Umso wichtiger ist es, in dieser Phase gezielt Momente oder Anlässe zu nutzen, die zum Umdenken anregen können („teachable moments“), d. h. beispielsweise einschneidende Veränderungen wie eine Schwangerschaft oder die Krebsdiagnose bei einer nahestehenden Person oder auch präventive Arztkontakte. Die Lebenslaufperspektive ist ein zentrales Element bei der Entwicklung von Präventionsmaßnahmen im Kontext der „Modellregion Bremen“.

Nutzung bestehender Strukturen sowie digitaler Möglichkeiten

Bei der Konzipierung von Präventionsmaßnahmen im Kontext der „Modellregion Bremen“ kommt der Nutzung bestehender Strukturen aus mehreren Gründen eine große Bedeutung zu. Mit dem Ansatz werden breite Bevölkerungsteile erreicht und der Zugang zu Präventionsangeboten lässt sich so niedrigschwellig gestalten. Außerdem ist der Ansatz effizient und erhöht damit die Chance der Verstetigung. Gemeint sind Strukturen, zu denen Menschen im Laufe ihres Lebens ohnehin Kontakt haben, wie z. B. Kindergärten, Grundschulen, weiterführende Schulen, Berufsschulen, Arztpraxen, Betriebsmedizin, Sportvereine, der öffentliche Gesundheitsdienst oder Krankenkassen. Eine enge Zusammenarbeit mit der Politik und weiteren Akteuren ist hierfür elementar. Auch die Möglichkeiten digitaler Angebote werden bei der Konzipierung neuer Präventionsmaßnahmen genutzt, wobei auf das Know-How des Leibniz WissenschaftsCampus Digital Public Health Bremen zurückgegriffen werden kann (s. a. Warum Bremen?).

Zielgruppenspezifische Herangehensweise

Auch wenn Prävention für alle relevant ist, gilt es das Präventionsdilemma zu beachten: Gruppen, die Präventionsmaßnahmen am nötigsten hätten, sind oft am schwersten zu erreichen. Das kann beispielsweise auf Personen mit Migrationshintergrund oder niedrigem Bildungsstand zutreffen, aber auch auf Personen, die sich als besonders gesund und „unverwundbar“ einschätzen. Wichtige Aspekte bei der Konzipierung von Präventionsmaßnahmen sind daher die Verständlichkeit, die Überwindung von Sprachbarrieren und die Vermittlung der jeweils passenden Botschaften.